Europas größtes Schmerzregister entsteht in Jena / "Schmerz nach einer Operation kann wirksam bekämpft werden"
Bundesweiter Aktionstag gegen den Schmerz am 5. Juni / Zahlreiche spezialisierte Behandlungsangebote am UKJ
Jena (ukj/dre). Wie viel Schmerz nach der Operation muss sein?
Unter dem Titel PAIN-OUT wird diese Frage derzeit europaweit erforscht.
Koordiniert wird die in neun Ländern laufende Studie vom Universitätsklinikum
Jena (UKJ). Studienleiter Privat-Dozent Dr. Winfried Meißner, Leiter der
Schmerzambulanz am Thüringer Uniklinikum und einer der Chefärzte des Zentrums
für Palliativmedizin betont: Der Schmerz gehört nicht automatisch zu einem
Klinikaufenthalt dazu, er kann wirksam gelindert werden. Dazu beitragen soll
ein europaweites Schmerzregister, das im Rahmen der Studie entsteht. Bislang
wurden zusammen mit dem deutschen Schwesterprojekt QUIPS die Daten von über
250.000 Patienten erfasst. Im Rahmen der Studie, die von der EU mit fast drei
Millionen Euro gefördert wird, werden u.a die Patienten direkt zu den
Ergebnissen der Schmerztherapie befragt und diese Aussagen aus Patientensicht
mit den ergriffenen Therapiemaßnahmen verglichen.
Durch diese
Vorgehensweise wollen wir die Behandlungsqualität und Versorgungsstrategien bei
der postoperativen Schmerztherapie verbessern, Gleichzeitig können wir dadurch
ganz konkrete Entscheidungshelfen für die Kliniken über unsere Homepage zur
Verfügung stellen. Auch mehreren Kliniken am UKJ beteiligen sich an diesem
Projekt und konnten z.T. deutliche Verbesserungen der Schmerztherapie
nachweisen.
Betrachtet werden dabei auch alters- und geschlechtsspezifische
Unterschiede. Rund 40 Millionen Menschen unterziehen sich jährlich europaweit
chirurgischen Eingriffen: Fast die Hälfte von ihnen leidet im Anschluss an
starken Schmerzen, so Dr. Meißner im Vorfeld des ersten Bundesweiten
Aktionstag gegen den Schmerz, der morgen (5. Juni) von der Deutschen
Schmerzgesellschaft begangen wird.
Neben einer verbesserten
postoperativen Schmerztherapie sei allerdings auch die ambulante Betreuung von
Patienten wichtig, die an Schmerzen leiden. An der Uniklinik Jena werden solche
Patienten u.a. in der der Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie und
Intensivtherapie behandelt. Wichtig sei dabei die enge Zusammenarbeit mit den
weiteren Fachdisziplinen am UKJ. Zu den Schwerpunkten der Ambulanz zählen
Tumorschmerzen und Nervenschmerzen. Unser Ziel ist es, zu verhindern, dass
Schmerzen chronisch werden, erklärt Simone Melle, sie arbeitet als speziell
qualifizierte Schmerz-Schwester (Pain Nurse) an der Uniklinik Jena. Nach
Angaben der Deutschen Gesellschaft leiden über acht Millionen Menschen in
Deutschland an chronischen Schmerzen.
Hochspezialisierte
Behandlungsangebote
Die Schmerzambulanz am UKJ ist eng vernetzt
mit den hochspezialisierten Behandlungsangeboten weiterer Klinikbereiche des
UKJ. In der Klinik für Neurologie des UKJ gibt es z.B. im Rahmen des
Mitteldeutschen Kopfschmerzzentrums eine eigene Sprechstunde und eine
Tagesklinik für Kopfschmerzpatienten. Dr. Peter Storch, Leiter des
Mitteldeutschen Kopfschmerzzentrums am UKJ, erklärt: Tagesklinische Behandlung
bedeutet, dass die Betroffenen morgens ins Zentrum kommen und am späten
Nachmittag wieder nach Hause gehen. Patienten mit Kopfschmerzen an mindestens
fünf Tagen pro Monat erhalten eine Schulung über die Ursachen der Erkrankung und
bekommen geeignete verhaltenspsychologische und physiotherapeutische
Bewältigungsstrategien vermittelt. Nicht zuletzt leiten die Mitarbeiter des
Kopfschmerzzentrums bei Bedarf eine medikamentöse Therapie ein. Die Therapie
wird individuell auf jeden Patienten abgestimmt. Migräne oder
Spannungskopfschmerz sind zwar die häufigsten Kopfschmerzen, insgesamt können
jedoch 256 verschiedene Kopfschmerzarten unterschieden werden.
Zur
Premiere des ersten Aktionstages gegen den Schmerz in Deutschland betonen die
UKJ-Schmerzexperten: Egal ob in der Klinik, beim Haus- oder Facharzt: Wichtig
ist, dass betroffene Patienten mit ihrem behandelnden Arzt über Schmerzen
sprechen. Denn Schmerz, in welcher Form auch immer, muss nicht einfach so
hingenommen werden.
Hintergrund: Bundesweiter Aktionstag
gegen den Schmerz
Der Aktionstag gegen den Schmerz wird ab
2012 jährlich jeweils am ersten Dienstag im Juni unter einem anderen Motto
stattfinden, dieses Jahr lautet es Bewusstsein schaffen. Die Deutsche
Schmerzgesellschaft e.V. will damit einen Beitrag leisten zur Verbesserung der
Schmerzversorgung in Deutschland. Über die kostenlose Hotline 080018 18 12 0
der Schmerzgesellschaft können Patienten und Angehörige am 5. Juni zwischen 9
und 18 Uhr außerdem Fragen an Schmerzspezialisten aus ganz Deutschland stellen.
Weiterführende Informationen:
www.dgss.org/aktionstag-gegen-den-schmerz
www.pain-out.eu
http://www.quips-projekt.de/
Bildzeilen:
Stimulationsgerät:
Die transkutane
elektrische Nervenstimulation (TENS) ist eine Behandlungsmethode, die von den
Patienten im Krankenhaus selbst gesteuert werden kann. Mit einem speziellen
Gerät werden elektrische Impulse erzeugt und durch die Haut auf das Nervensystem
übertragen.
Foto: UKJ / Szabo